Anwaltskanzleien in Österreich stehen 2025 vor wachsenden steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen. Wer diese Stolpersteine kennt und gezielt angeht, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil.Diese können den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei maßgeblich beeinflussen. Unsere Analyse identifiziert sechs zentrale Problemfelder, die besondere Aufmerksamkeit verdienen, und zeigt praxiserprobte Lösungswege auf.
1. Grenzüberschreitende Steuercompliance & Doppelbesteuerung
Kanzleien mit internationalen Mandanten müssen sich laufend mit komplexen Umsatzsteuer- und Ertragsteuerfragen auseinandersetzen. Das Reverse-Charge-Verfahren ist bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen Standard, birgt aber Risiken: Fehlerhafte Rechnungsstellung oder fehlende Belege führen zu Steuernachzahlungen und Strafen. Zusätzlich droht bei unklaren Sachverhalten Doppelbesteuerung, wenn Österreich und der ausländische Staat denselben Vorgang unterschiedlich beurteilen.
Lösungen:
- Sorgfältige Prüfung, wann Reverse Charge anzuwenden ist und wie Rechnungen auszustellen sind
- Regelmäßige Kontrolle und Archivierung aller Belege
- Bei Doppelbesteuerungsfragen: rechtzeitig Ansässigkeitsbescheinigung beantragen und ggf. Verständigungsverfahren nutzen
Quellen:
- WKO: Reverse Charge – Umkehr der Steuerschuld bei Dienstleistungen
- USP.gv.at: Doppelbesteuerungsabkommen – Überblick und Verständigungsverfahren

2. Unternehmensstrukturierung: GmbH, FlexCo & Co
Die Wahl der optimalen Rechtsform ist entscheidend für die Steuerlast. Seit 2024 gibt es mit der FlexCo (Flexible Kapitalgesellschaft) eine neue, moderne Rechtsform, die insbesondere für kleine und mittlere Kanzleien Vorteile bringt: geringeres Mindeststammkapital, flexiblere Beteiligungsmodelle und steuerliche Erleichterungen bei der Mitarbeiterbeteiligung. Dennoch schöpfen viele Kanzleien diese Möglichkeiten nicht aus.
Lösungen:
- Regelmäßige Überprüfung der eigenen Rechtsform und Struktur, insbesondere im Hinblick auf Haftung, Steuerbelastung und Nachfolge
- Prüfung, ob eine Umwandlung in eine FlexCo sinnvoll ist
- Trennung von Immobilien- und operativem Vermögen zur Risikominimierung
Quellen:
3. Lücken in der Nachfolgeplanung
Viele Kanzleien haben keinen strukturierten Nachfolgeplan. Das birgt das Risiko einer hohen Steuerlast, insbesondere bei einer möglichen Wiedereinführung der Erbschaftssteuer oder bei ungeplanten Übergaben. Fehlende oder unklare Regelungen können zudem die Mandantenbeziehungen gefährden.
Lösungen:
- Entwicklung eines mehrjährigen Nachfolgeplans, der steuerliche und betriebswirtschaftliche Aspekte integriert
- Klare vertragliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Ausstieg, Anteilsbewertung, Zahlungsmodalitäten)
- Nutzung von Holdingstrukturen zur steueroptimierten Vermögensübertragung

4. M&A-Litigation-Risiken und Unternehmensbewertungen
Fusionen, Übernahmen oder Zusammenschlüsse von Kanzleien nehmen zu. Fehlerhafte Bewertungen, insbesondere beim Firmenwert (Goodwill), führen regelmäßig zu steuerlichen Korrekturen und Nachzahlungen. Die Dokumentation der Bewertungsgrundlagen ist oft unzureichend.
Lösungen:
- Erstellung einer Due-Diligence-Checkliste für Kanzleiübernahmen
- Sorgfältige Dokumentation der Bewertungsverfahren und Annahmen (z.B. bei Goodwill)
- Frühzeitige Abstimmung mit Steuerberater und ggf. Finanzverwaltung
Quellen:
- Anwältinnenblatt 02/2025: M&A, Bewertung und Strategie in Kanzleien (PDF, S. 85ff) (Siehe Abschnitt: Strategie & Prozessmanagement, Goodwill-Bewertung)
5. Nicht genutzte Abschreibungen & Investitionsförderungen für Legal Tech
Die Digitalisierung bietet enorme Chancen – viele Kanzleien nutzen jedoch steuerliche Abschreibungsmodelle (z.B. degressive AfA) und Investitionsfreibeträge für Legal-Tech-Investitionen nicht aus. Seit 2023 können Unternehmen für bestimmte Investitionen einen Investitionsfreibetrag (IFB) von 10 % bzw. 15 % (bei ökologischen Investitionen) geltend machen. Auch die degressive Abschreibung mit bis zu 30 % ist möglich.
Lösungen:
- Erstellung eines Investitionsplans für Legal-Tech und Digitalisierung
- Nutzung der degressiven AfA für Software und Hardware (maximal 30 %)
- Prüfung der Förderfähigkeit und korrekten Dokumentation für den Investitionsfreibetrag
Quellen:
BMF: Degressive Abschreibung – Vorteile und Anwendung

6. ESG-Compliance-Überlastung
Neue EU-Richtlinien wie die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichten immer mehr Unternehmen – und auch größere Kanzleien – zu umfangreichem Nachhaltigkeits-Reporting. Auch kleine Kanzleien sind betroffen, wenn sie Mandanten zu ESG-Themen beraten. Die Komplexität und der Aufwand für ESG-Compliance steigen deutlich.
Lösungen:
- Entwicklung eines schlanken ESG-Compliance-Systems, das auf die Kanzleigröße zugeschnitten ist
- Nutzung von Branchenlösungen und Kooperationen zur Kostenreduktion
- Integration von ESG-Kriterien in die steuerliche Jahresplanung und Mandatsstrategie
Quellen:
- BMF: Sustainable Finance & ESG-Standards in Österreich
- Anwältinnenblatt 02/2025: ESG und Nachhaltigkeitsrecht – Leitfaden für Kanzleien (PDF, S. 86ff)
7. Betriebliche Altersvorsorge für Geschäftsführer:innen
Viele Kanzleien schöpfen die Möglichkeiten der betrieblichen Altersvorsorge für Geschäftsführer:innen nicht aus. Pensionszusagen in Form von direkten Leistungszusagen bieten steuerliche Vorteile, insbesondere für Gesellschafter-Geschäftsführer:innen mit über 25 % Beteiligung. Die GmbH kann Pensionsrückstellungen als Betriebsausgabe absetzen, das zu Pensionsantritt erforderliche Kapital wird über eine Rückdeckungsversicherung angespart.
Lösungen:
- Schriftliche Pensionszusage mit klarer Regelung der Pensionshöhe (maximal 80 % des letzten Aktiveinkommens)
- Bildung von Pensionsrückstellungen in der Bilanz (§ 14 EStG)
- Prüfung der steuerlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen
Quellen:
- BMF: Betriebliche Altersvorsorge – Überblick und gesetzliche Grundlagen
- VBV: Geschäftsführer:innenzusage – Pensionszusage für Führungskräfte

Fazit: Steuerstrategie als Wettbewerbsvorteil
Die sechs identifizierten Problemfelder zeigen, dass eine durchdachte steuerliche Strategie für Anwaltskanzleien nicht nur Compliance-Risiken minimiert, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile bietet. Besonders in Zeiten zunehmender Digitalisierung und Marktkonsolidierung kann eine optimierte Steuerstruktur zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden. Die Kombination aus fachkundiger Steuerberatung und branchenspezifischem Know-how ist der Schlüssel, um die komplexen Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
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